Dienstag, 20. April 2010

Der Oxfam in Bildern

Die gesamte Crew kurz vor dem Start. Von links: Vanessa (Support), Neil, meine Wenigkeit, Phil, Sandra und Nicole (Support).
Snack im ersten Checkpoint.
Der Abschnitt durch "Craters of the moon".
So wie man sich den Oxfam vorstellt: Flaches Terrain, etablierte Wanderwege...
Teilweise boten sich uns wunderschöne Ausblicke über den See. Nur leider keine Zeit, um sie zu genießen.
Der Einlauf zu Checkpoint 5.
Der neue Tag ist angebrochen. (Nur) noch vier (endlose) Kilometer. Noch eine Stunde...
Die letzten Meter.
Geschafft.

Dienstag, 13. April 2010

Chronik des Schmerzes

Als Erstes muss ich euch auf Fotos noch auf später vertrösten. Ich hatte persönlich keine Kamera dabei und habe mir die Bilder von Phil noch nicht besorgt. Diese werden natürlich umgehend nachgereicht, sobald ich sie in meine Finger bekomme.
Zunächst muss ich sagen, dass ich mir im Vorhinein nicht vorstellen konnte, dass ich (oder sonst irgendwer) 100 Kilometer am Stück gehen kann. Auch jetzt nachdem ich es hinter mir habe, erscheint es mir surreal und eher wie ein böser Traum als Wirklichkeit. Ich bin schon sehr gespannt auf die Bilder und wie es sein wird das Ganze nochmal gedanklich zu durchleben.

Gestern wurden die offiziellen Ergebnisse veröffentlicht. Unsere offizielle Zeit ist 24 Stunden 31 Minuten. Aber der Reihe nach:

Wir reisten am Freitag Abend nach Taupo an. Im Great Lake Center erhiehlten wir unsere Startnummern und ein kurzes Event Briefing. Dabei wurde uns auch mitgeteilt, dass es eine kurzfristige Streckenänderung gab. Aufgrund eines umgefallenen Baumes auf der Strecke wurde der Kurs für einen kurzen Teil der Strecke auf einen anderen Wanderweg verlegt. Die Folge: 100 Meter zusätzliche Strecke. Natürlich waren wir empört. Darauf waren wir nicht vorbereitet. Die Streckenlänge erhöhte sich somit von 100 auf 100,1 Kilometer. Wahnsinn! Somit können wir mit Fug und Recht behaupten, dass dies der längste und damit schwerste Oxfam aller Zeiten war.

Wir starteten im zweiten Teilnehmerfeld um 7 Uhr Samstag morgens. Insgesamt nahmen ca. 1200 Verückte an diesem Event teil, daher wurde das Feld in zwei Startergruppen eingeteilt. Die erste Gruppe startete eine Stunde vor uns um 6 Uhr.
Der erste Abschnitt bis zum ersten Checkpoint war 17,6 Kilometer lang. Wir waren ziemlich weit hinten im Starterfeld und brauchten erstmal 45 Sekunden, um überhaupt die Startlinie zu überqueren. Der Start war direkt am See, der in diesen frühen Morgenstunden noch von Nebel bedeckt war. Bei nass-kalten 9 Grad und schlechter Sicht ging es gefangen im Pulk auf teilweise nur 20 Zentimeter breiten Wanderwegen nur sehr behäbig voran. Anstatt der angestrebten 3 Stunden brauchten wir daher auch 3h 35min bis zum ersten Checkpoint. Dort erwarteten uns Nicole und Vanessa, unsere Support Crew. Sie fuhren mit dem Auto von Checkpoint zu Checkpoint und bereiteten unsere Mahlzeiten und was wir sonst noch so brauchten vor. Im Checkpoint verschnauften wir kurz für 25 Minuten, füllten unser Wasser auf, und verdrückten ein Sandwich, ehe wir schnell wieder zurück auf die Strecke hetzten.

Der zweite Abschnitt war mit 12,8 Kilometern etwas kürzer und immer noch relativ frisch machten wir durch das ausgedünnte Feld ziemlich gute Fortschritte. Nach insgesamt 6h 24min erreichten wir um 13:24 den zweiten Checkpoint. Ich musste mit Erschrecken feststellen, dass meine Waden schon jetzt ziemlich hart waren. Wir aßen zu Mittag bevor wir uns bereits leicht erschöpft wieder auf den Weg machten.

Der dritte Abschnitt war ähnlich wie die der Vorherige ziemlich hügelig und mit 15,6 Kilometern zusätzlich etwas länger. Zwischen Kilometer 33 und 40 hatte ich hier meinen ersten Tiefpunkt. Meine Waden hatten sich komplett verhärtet und ich fing an die Machbarkeit der Mission in Frage zu stellen. Bis zum dritten Checkpoint in Kinloch legte ich alle paar Kilometer eine 20 Sekunden Pause ein, um meine Waden zu massieren. Nachdem wir uns nach bis dahin 46 Kilometern und 10 Stunden in den dritten Checkpoint gerettet hatten, legten wir dort die mit 45 Minuten insgesamt längste Pause ein, um einen weiteren Snack zu uns zu nehmen und unsere Wunden zu lecken. Ich massierte meine Waden, Neil und Phil behandelten ihre Blasen an den Füßen. Nur Sandra schien von dem Ganzen ziemlich unbeeindruckt.

Als wir uns wieder auf den Weg machten, war es 17:45 Uhr und es dämmerte bereits. Nur wenige Kilometer später in einem dunklem Waldabschnitt holten wir unsere Stirnlampen heraus. Es sollte eine lange Nacht werden. Der Weg war durch an Bäumen hängenden oder sonstigen Stellen angebrachten grünglühende Stäbchen markiert, die man sonst wahrscheinlich nur auf Raveparties zu Gesicht bekommt. Vor uns lag mit 19,1 Kilometern und ziemlich hügeligem Terrain der weitaus schwerste Abschnitt des Kurses. Sehr zum Erstaunen meiner selbst hatten sich meine Waden wieder erholt und ich fühlte mich weitaus besser als auf dem vorherigen Abschnitt. Trotz Dunkelheit und einsetzender Müdigkeit hielten wir immer noch ein sehr gutes Tempo. Die Länge der zurückgelegten Strecke und die hart erarbeiteten Höhenmeter zehrten allerdings schon beträchtlich an unserer Ausdauer und unserem Durchhaltevermögen. Auch bei Sandra machten sich jetzt die ersten Probleme bemerkbar. Sie hatte mit Schmerzen in ihrem hinteren Oberschenkel zu kämpfen. Bei einer kurzen Pause auf halber Strecke zum nächsten Checkpoint machte auch ich Gebrauch von meinem ersten Blasenpflaster. Um 22:13 erreichten wir völlig erschöpft den vierten Checkpoint. Mit insgesamt 65,1 zurückgelegten Kilometern hatten wir nach etwas mehr als 15 Stunden bereits knapp zwei Drittel der Strecke zurückgelegt. Es war bereits wieder bitter kalt geworden und wir versuchten daher die Pause so kurz wie möglich zu halten. Nach Spaghetti zum Abendessen machten wir uns wieder auf.

Deutlich angeschlagen und ziemlich steif nach dem Essen in der Kälte nahmen wir den kürzesten Teilabschnitt in Angriff. Die 6,3 Kilometer bergab zu Checkpoint Nummer 5 vergingen im Vergleich zum vorherigen Abschnitt wie im Flug. Allerdings war der Schmerz in den Beinen zu diesem Zeitpunkt schon beträchtlich. Sandra, Phil und Neil hatten im letzten Checkpoint schon Schmerzmittel eingeworfen, um sich etwas Erleichterung zu verschaffen. Da ich Medikamenten gegenüber ziemlich skeptisch bin, versuchte ich bisher noch ohne auszukommen. Kurz nach Mitternacht erreichten wir Checkpoint 5. Nicole und Vanessa stellten ab jetzt nicht mehr unsere Klappstühle und -tisch auf, denn wir verbrachten unsere kurzen Pausen nur noch in den beheizten Zelten, die von Oxfam bereitgestellt wurden. Die Pausen waren mittlerweile auch nicht mehr angenehm oder erfrischend. Alles schmerzte einfach nur noch, egal ob man saß, stand oder ging. Wenn überhaupt war es eine mentale Pause, um für kurze Zeit der Nacht und dem endlosen Weg zu entfliehen.

Nach 12 Minuten machten wir uns wieder auf den Weg zum 7,7 Kilometer entfernten Checkpoint 6. Unsere Geschwindigkeit und Motivation ließ nun beträchtlich nach. Ich konnte an nichts anderes mehr denken als an den Schmerz in meinen Beinen. Um 1:58 Uhr erreichten wir nach nun insgesamt 79,1 Kilometern und knapp 19 Stunden den sechsten Checkpoint. Nach wiederum 12-minütiger Pause ging es weiter zum siebten und letzten Checkpoint.

Abschnitt sieben war wie die beiden vorherigen mit 7,4 Kilometern ziemlich kurz. Jedoch zehrten Dunkelheit, Schmerzen, Müdigkeit, Hügel und zu überquerende Weidezäune an unserem Durchhaltevermögen. Ich war komplett erschöpft und den Tränen nahe. Wir versuchten uns gegenseitig mit Rätseln und Geschichten abzulenken, was uns aber ziemlich schwer viel, da wir vor Müdigkeit kaum mehr einen klaren Gedanken fassen konnten. Mit letzter Kraft schleppten wir uns um 4:17 in den siebten Checkpoint. Frei nach dem Motto "Was stört mich mein Geschwätz von Gestern?" warf ich all meine Bedenken gegenüber Medikamenten über Bord und schluckte zwei Paracetamol. Ich kann allerdings nicht behaupten, dass ich danach einen Unterschied gemerkt hätte.

Nach kurzer Pause gingen wir die letzten 13,5 Kilometer zurück nach Taupo an. Die restliche Strecke war bergab zum See hinunter und dann am See entlang in die Innenstadt, wo wir am Morgen zuvor aufgebrochen waren. Ich war völlig am Ende. Mir war kalt, meine Füße waren feucht vom Laufen durch nasses Gras im Nebel und der Schmerz in meinen Beinen war allgegenwertig und hätte sich auch von einem Profi-Buddhisten nicht wegmeditieren lassen. Als wir den See erreichten, ging langsam die Sonne wieder auf und wir konnten unsere Stirnlampen nach 13 langen Stunden in der Dunkelheit wieder einpacken. Wir konnten nun auch unser Ziel vor Augen sehen. Allerdings war es immer noch 6 Kilometer und damit bei unserer derzeitigen Geschwindigkeit ca. 1,5 Stunden entfernt. Diese 6 Kilometer kamen mir schier endlos vor. Bei Kilometer 97 habe ich noch 20 Dollar an Neil verloren. Wir gingen/humpelten an einer Treppe vorbei und ich sagte zu Neil: "20 Dollar, wenn du die Treppe hochsprintest." Was macht der Idiot? Läuft doch glatt die Treppe hoch... Ein klares Indiz für Delirium wenn ihr mich fragt.

Der Zieleinlauf war weniger emotional als man denkt. Ich war einfach nur froh, dass es vorbei war. Ich wollte einfach nur schlafen, um den Schmerz nicht mehr zu spüren. Erst am Montag ist mir bewusst geworden, was wir am Tag zuvor geleistet haben und es stellte sich ein Gefühl von Errungenschaft ein.

Nachdem Zieleinlauf haben wir uns versucht so gut wie möglich zu reinigen. Ich sage versucht, weil duschen nicht so einfach ist, wenn man sich kaum mehr bewegen kann. Nach kurzem Stretching haben wir umgehend die 5-stündige Heimreise angetreten. Das lange Sitzen im Auto hat meinen schmerzenden Muskeln und Gelenken auch nicht gerade geholfen. Am Abend habe ich dann ein langes heißes Bad genommen und meine Beine ausgiebig massiert, was mir etwas Linderung verschafft hat.

Dinge, die ich so nicht erwartet habe, bzw. mir vorher einfach nicht bewusst waren:
  • Streckenbegebenheiten: Der Marsch fand keineswegs wie erhofft nur auf flachen Wanderwegen statt, sondern hauptsächlich auf hügeligem Farmland. Nicht nur war der "Weg" äußerst uneben, es mussten auch unzählige Weidezäune überwunden werden, was um 6 Uhr morgens nach 90 Kilometern schon zu leichter Verärgerung/Verzweiflung führen kann.
  • Dunkelheit: Mir war im Vorhinein nicht bewusst, dass 13 Stunden, und damit der Großteil des Marsches bei Nacht stattfinden würden. Ausgerüstet nur mit einer Stirnlampe schränkt sich dabei das Sichtfeld auf einen kleinen Kegel einen halben Meter vor einem ein. Zusammen mit der Tatsache, dass wir über unebenes Farmland liefen, bedeutet das, dass wir nachts mehr gestolpert sind als gelaufen.
Dieser Marsch hat mich definitiv an die Grenzen meines Körpers geführt und war eine Erfahrung, die ich nie wieder vergessen werde. Und es war eine Erfahrung, die ich nur einmal machen möchte...

Sonntag, 11. April 2010

Es ist vollbracht

100 km in 24,5 Stunden. Weitere Details folgen, wenn ich etwas Schlaf nachgeholt habe.

Dienstag, 6. April 2010

Letzter Trainingsmarsch und regenerative Einheit

Vor zehn Tagen haben Neil und ich unseren letzten Trainingsmarsch gemacht. 30 km in 6 Stunden. Nicht ganz soweit wie wir uns ursprünglich vorgenommen hatten, aber man muss es ja auch nicht übertreiben. Da es ziemlich flaches Terrain war, waren wir allerdings sehr zügig unterwegs. Wir sind von Eastbourne zu den Pancarrow Leuchttürmen gewandert. Von dort aus haben wir die beiden Seen Kohangapiripiri und Kohangatera mit den dazugehörigen Sümpfen umrundet. Da wir beide keine Kamera dabei hatten, kann ich leider keine Beweisfotos vorweisen. Es war allerdings wunderschön. So schön, dass wir uns entschlossen haben, dieses vergangene Wochenende nochmal zu den Seen zu laufen. Diesmal mit Kamera und (in Neil's Fall zukünftiger) Gattin. Leider hat uns diesmal jedoch das Wetter einen Strich durch die Rechnung gemacht. Als wir losgelaufen sind, herschte noch milder nördlicher Wind. Kurz vor den Leuchttürmen drehte der Wind allerdings und im Süden braute sich etwas zusammen.
Obwohl wir uns postwendend und zügigst auf den Rückweg machten, wurden wir doch noch etwas nass.

Fotos von den Seen und Sümpfen muss ich also erst mal schuldig bleiben. Einen ersten Eindruck könnt ihr euch allerdings auf Google Maps verschaffen.

1. Trainingsmarsch: 23 km in 7,5 h
2. Trainingsmarsch: 30 km in 7 h
3. Trainingsmarsch: 30 km in 6 h

Auf unserer Oxfam Teamseite könnt ihr am 10. April auch live mitverfolgen, wann wir in die einzelnen Checkpoints einlaufen.

Freitag, 2. April 2010

Weißwurst is

Am Mittwoch sind Scott, Tim, Shawn und Jackie nach insgesamt dann doch 5 Wochen ausgezogen. Leider haben sie immer noch keine eigene Wohnung, weil sie sich einfach nicht auf eine der verfügbaren Wohnungen einigen können. Sie sind also jetzt erstmal in ein Hostel gezogen, weil's bei uns doch ein bisschen zu eng wurde. Unsere neu erlangte Freiheit innerhalb unserer eigenen vier Wände haben wir gestern mit einem Weißwurstfrühstück mit Vanessa und Neil gefeiert. Die Weißwürste hab ich wie immer von der deutschen Metzgerei in Nelson bestellt und sie waren wieder mal vorzüglich.


Ein passendes Weißbier dazu darf natürlich auch nicht fehlen. Da ist ein Schneider Aventinus gerade gut genug. Außerdem frisch gebackene Brezen von Nicole. Perfekt.


Neil hat sich für das Frühstück extra eine Lederhose beim Kostümverleih besorgt. Eine besonders schöne und willkommene Überaschung.


Nach dem Frühstück haben wir das Ganze dann nach draußen auf die Terasse verlegt und haben den Herrgott mal einen guten Mann sein lassen.